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​Maler und Kosmopolit

Painter and Cosmopolitan

Die Sonne senkt sich über dem Meer. Ein Bild aus dem Bilderbuch. Ein Maler bückt sich über 8 Quadratmeter Leinwände, füllt sie mit Lack. Er hält inne und scheint über das Ergebnis zu reflektieren. In der Abendsonne Mallorcas. Dann wird erneut Farbe verteilt. Penibel und konzentriert. Professor Kristian Fenzl ist Weltenbummler. Ein Maler, der Wiener Ausstellungs-räume ebenso füllt wie solche in Übersee. New York - New Century Artists, Kyoto - Galerie am Goethe Institut, Palma di Mallorca - Empire Art Galeria. Die Insel ist Fenzls zweite Heimat geworden. Hier unterhält er ein Atelier.


Zwei dutzend Leinwände zeigte die renommierte Galerie zuletzt. Ein künstlerisches wie gesellschaftliches Ereignis. Im Zentrum der mallorquinischen Hauptstadt. Kristian Fenzls Arbeitspensum füllt seinen Jahreskalender, rastlos weitet sich sein Aktionsradius. Jener des Malers. Jener des Gestalters von Produkten und Räumen füllt längst Bände an Literatur.



​Zur künstlerischen Entwicklung
Seit jeher (geb. 1946 in Wels) zeichnet und malt Kristian Fenzl. Die Eltern führen in Steyr ein kunstsinniges Haus. Alfred Fenzl sammelt. Afrikanische Stammeskunst. Vorwiegend Masken. Fetische und Trophäen. Er fotografiert ferne Kulturvölker, führt quasi im Nebenberuf das Optikerfachgeschäft. Ausgerüstet bin ich nun wie eine Superfotografin,  aber fotografieren kann ich damit nicht, schreibt ihm die weltläufige Filmregisseurin Leni Riefenstahl. Sie holt Rat ein beim Fotografen und Optiker: Sie könnten sich die Tage frei machen um mir Unterricht im Fotografieren zu geben. Vater Fenzl dokumentiert mit Riefenstahl die Nuba des Sudan.


Kristian Fenzl inspiriert sich derweil im väterlichen Atelier im ersten Stock. Terrarien und krabbelnde Babykrokodile, Totems und Jagdtrophäen. Umgeben von fremden Kulturen entstehen Kristians erste Zeichnungen. 
Nach dem Gymnasium und der HTL  Steyr wird Fenzl Kunststudent. Er brilliert 1967 an der noch unter dem Einfluss ihres Gründers Oskar Kokoschka stehenden Salzburger Sommerakademie. Und erhält dafür 1967 und 1968 jeweils den Ehrenpreis der Stadt Salzburg. Dann besucht er die Wiener Akademie (später Hochschule, heute Universität) für angewandte Kunst. Er arbeitet in den Klassen für Malerei von Professor Herbert Tasquil und für Metallbearbeitung von Professor Franz Hagenauer. Fenzl beeindruckt mit Studentenarbeiten von Extravaganz. In Wien erlebt er in diesem Jahr den aufblühenden Aktionismus hautnah. Schon im Jahrzehnt zuvor trat in Österreich das Informel auf. Protagonisten wie Hans Staudacher, Arnulf Rainer und Maria Lassnig hatten in den fünfziger Jahren aus Paris Tachismus und Art Brut mitgebracht. Mit Malerei um die Malerei zu verlassen hat Arnulf Rainer neue Ansätze postuliert. Auch das Kunstwollen des Studenten Fenzl wandelt sich. Surrealistische Traumbilder mit Abstraktionstendenz wandeln sich zu völliger Gegenstandslosigkeit. Leinwand und Aquarellblock bleiben dem universellen Gestalter das unverzichtbare Äquivalent. Wer die Stringenz Fenzlscher Entwurfszeichnung erkennt, muss bemerken, welch impulsive Freiheit sich dagegen Fenzl zugesteht.



Viel später dann mit der Publikation funktionellen Skulptur schreibt Kristian Fenzls Designgeschichte 1988. Ein österreichisches Kapitel von internationalem Format. Die 1980er und 1990er Jahre bringen Aufträge und Auszeichnungen. Fenzl-Straßenwalzen für VOEST-Alpine, Löschfahrzeuge für Rosenbauer, Extruder für Cincinnati Milacron. Österreichische Staats-preise, international höchste Auszeichnungen, Professuren in Belem (Brasilien) und Linz, Ehrendoktorwürden Fenzls Malerei steht in all den Jahren im fruchtbaren Dialog mit seinem Produktdesign.



​Zur Malerei
Das Movens zu malen ist Fenzl schlicht Lustgefühl. Es manifestiert sich im Malakt selbst, in der freien Geste und farbiger Prädominanz. Bisweilen kostet Kristian Fenzl einen einzigen Tonwert aus. Leuchtend, nuancenreich. Dann wieder werden zwei oder drei Grundtöne fein ponderiert. In großen Formaten zeigt sich der Maler gern vollends im Farbenrausch. Das Bildfeld ist klar definiert, häufig geordnet zum Di- oder Triptychon. Nie bleiben Fenzls Bildräume hermetisch. Sie suggerieren Weiterführung, Konnotationen. In den Gedanken des Betrachters. Man meint sich umgeben von pittoresken Felsen und erdigen Klüften, arktischen Eisfeldern oder luftigen Himmeln. Landschaftsähnliche Fragmente herrschen im Bild vor. Denn statt sie zu konkretisieren nähert sich der Maler der Landschaft bloß an. Fernab naturalistischer Schilderung.



Die freie Geste ist dem Maler wie erwähnt wesentlich. Fenzls Werkzeuge sind Lacke. Fein gelöst werden sie direkt aus der Dose gespritzt, dann wieder dicht, beinahe verkrustet gespachtelt oder in Strängen, akribischen Farbteppichen angelegt. Verdichtung der Malfläche ergibt sich wie von selbst. Fenzl lässt Farben in unterschiedlichen Rinnsalen ineinander fließen, vermischt sie zu amorphen Kleksen. Eine künstlerische Methode, der sich bereits das amerikanische Action Painting (Jackson Pollock, Sam Francis) als auch das deutsche (Emil Schuhmacher) und französische Informel (Georges Mathieu) bedient haben. Im Gegensatz zu Werken des klassischen Informel, teils vor Publikum inszeniert, schafft Fenzl seine Malerei privatim. Fernab der Öffentlichkeit. Inspiriert von Orten die er genießt und liebt. Mallorca, Südamerika, Wien, der Linzer Pöstlingberg.

Fenzl ist also ein Maler zwischen Natureindruck und Abstraktion. Einer, der sich an Landschaften inspiriert. Mit schöpferischem Impetus und Intuition. Ein Hedoniker im antiken Sinn, der den Schaffensakt lustvoll genießt. Dies zeigt seine Malerei.

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Bernhard Barta, 2009


Mag. Dr., Studium der Kunstgeschichte und Kunstpädagogik in Salzburg und Linz. Mehrere Jahre tätig für das Kunst Haus Wien und das Lentos Kunstmuseum Linz. Seit 2003 freier Autor, Kurator und Kunstjournalist. Mitglied des Kuratorenteams der Oberösterreichischen Landesausstellung Salzkammergut 2008.

Zahlreiche Publikationen, u.a. Das Malschiff  Österreichische Künstlerkreise der Zwischenkriegszeit (2007), sowie Künstler & Kaiser im Salzkammergut (2008) und Linz  Panorama der Kulturhauptstadt (2009) im Christian Brandstätter Verlag.

The sun sinks into the sea. An image from a picture-book. A painter bends over an 8 m2-canvas and covers it with paint. He pauses and appears to reflect on the results. In the evening sunshine of Majorca. Then paint is spread again. Carefully and with complete concentration. Professor Kristian Fenzl is a globetrotter. A painter, who feels equally at home in galleries in Vienna and elsewhere around the world, whether they be in New York - New Century Artists, Kyoto - Galerie am Goethe Institut, or Palma di Majorca - Empire Art Galeria. The island has become Fenzls second home and where he has a studio.
The respected gallery last showed two-dozen canvases in what was both an artistic and social event in the heart of the Majorcan capital. Kristian Fenzls workload fills his calendar, in step with restless expansion of the scope of his activities. As a painter. And as a designer of products and spaces. Work that has already filled literary volumes. 



​Artistic development
Kristian Fenzl (born 1946 in Wels, Austria) has always drawn and painted. His family home in Steyr was shaped by parents with an interest in the arts. Alfred Fenzl was a collector of African tribal artefacts, consisting largely of masks, fetishes and trophies. He photographed peoples from remote civilizations and quasi as a secondary occupation ran a specialist opticians business.  The cosmopolitan film director, Leni Riefenstahl, wrote to him that: I am now equipped like a super photographer, but I cant take pictures with this gear. Riefenstahl took advice from the photographer and optician: She was able to take days off to give me photographic teaching, and Alfred Fenzl worked with her on the documentation of the Nuba tribe of Sudan. 


In the meantime, Kristian Fenzl gathered inspiration in his fathers first floor studio full of terrariums, scrabbling baby crocodiles, totems and hunting trophies. Indeed, it was in these exotic cultural surroundings that Kristians first drawings emerged. After grammar school and advanced technical college in Steyr, Kristian Fenzl became an art student and in 1967, shone at the Salzburg Summer Academy, which was still under the influence of its founder, Oskar Kokoschka. In both 1967 and 1968, Kristian Fenzl was awarded the Honorary Prize of the City of Salzburg. Subsequently, Kristian studied at the Vienna Academy of Applied Arts (which later became an art college and today is a university). He attended the painting classes of Professor Herbert Tasquil and Professor Franz Hagenauers metalworking course. His student work was impressive in its extravagance.  During his time in Vienna, Kristian Fenzl experienced the blossoming of Actionism at first hand, the informal having already surfaced in Austria during the preceding decade. In the 1950s, protagonists such as Hans Staudacher, Arnulf Rainer and Maria Lassnig had returned from Paris with Tachism and Art Brut in their luggage. And with painting in order to leave painting behind, Arnulf Rainer had postulated upon fresh approaches. 
The artistic ambitions of the young student Fenzl also underwent a change. Surrealistic dream images with abstract tendencies were transformed into complete non-representationalism. However, the canvas and watercolour block remained indispensable to the universal designer. Anyone who knows the stringency of Fenzls design drawings, must also notice the contrasting degree of impulsive freedom of which he is capable.

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The 1980s and 1990s brought commissions and awards with Fenzl road rollers for VOEST-Alpine, fire-fighting vehicles for Rosenbauer and extruders for Cincinnati Milacron. Austrian National Prizes, top international awards, professorships in Belem (Brazil) and Linz (Austria), honorary doctorates And all the time, Fenzls painting was involved in a fruitful dialogue with his product design.



​Concerning painting
The motivation for Fenzl to paint is provided by a pure sense of pleasure. This is manifested in the act of painting itself, in the freedom of gesture and the predominance of colour. In the meantime, Kristian Fenzl savours a singular tonality that is both brilliant and rich in nuances. Then again, two or three basic shades are finely weighed. In large formats, the painter likes to demonstrate a complete intoxication with colour. The image field is clearly defined and frequently arranged to form a di- or triptych. Fenzls pictures are never hermetic in nature. In the mind of the viewer, they suggest continuation and connotations. One feels surrounded by picturesque cliffs and earthy gorges, arctic ice fields or airy skies. Landscape-like fragments predominate the imagery. But instead of lending them concrete form, the painter merely approaches the landscape, far removed from any naturalistic representation.

As already mentioned, the free gesture is of major importance to the artist. Paints constitute Fenzls tools. Finely thinned they are splashed on directly from the tin, or are applied thickly with a pallet knife to form virtual crusts. Alternatively they are laid down in strands to form meticulous carpets of colour. The densification of the painting surface occurs in almost autonomous fashion. Fenzl allows differing rivulets of colours to merge, or mixes them to create amorphous splashes. This is an artistic technique already used by the American action painters (Jackson Pollock, Sam Francis) and the German (Emil Schuhmacher) and French (Georges Mathieu) informal artists. However, as opposed to the classic works of the informal movement, which were partly produced in front of an audience, Fenzl paints in private far removed from the public eye and using the inspiration of places he loves. Majorca, South America, Vienna, the Pöstlingberg in Linz. 
Fenzl is therefore a painter working between the impressions of nature and abstraction. An artist, who finds inspiration in landscape and combines it with impetus and intuition. A hedonist, in the sense of antiquity, who savours the act of creation to the full. As demonstrated by his pictures.

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